Im Rahmen der Digitalisierung fördert der gemeinnützige Verein BÜRGERDIENST e.V. aus Mürlenbach mit einer großzügigen Summe zwei Projekte der Westeifel Werke. Die anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) setzt die Gelder für die Implementierung von digitalen Lösungen zur Arbeits- und Lernerleichterung für Menschen mit Handicap ein.
Zum einen unterstützt die Initiative die Einrichtung eines virtuellen Montageassistenten. Zum anderen die Einführung einer einheitlichen, barrierefrei zugänglichen Lernplattform. Bei einem offiziellen Besuch überzeugt sich die Vorstandsvorsitzende des gemeinnützigen, regionalen Fördervereins für gemeinnützige Projekte, Doris G. Lepper gemeinsam mit dem Vorstandsmitglied des BÜRGERDIENST e.V. Erwin Borsch, selbst von der Tätigkeit bei den Westeifel Werken.
„Die Digitalisierung ist seit vielen Jahren für unsere Mitarbeiter mit Handicap ein großes Thema. Hier lassen sich viele Arbeitsprozesse vereinfachen. Mithilfe von neuen, virtuellen und digitalen Möglichkeiten gibt es weit mehr Angebote, die unseren Beschäftigten das Lernen und Arbeiten erleichtern“ erklärt Geschäftsführer Ferdinand Niesen. Er hat die Bewerbung beim BÜRGERDIENST e.V. initiiert, denn dieser fördert gemeinnützige Projekte in der Region. Die Vorstandsvorsitzende des 2009 gegründeten Fördervereins, Doris G. Lepper, besucht gemeinsam mit dem Vorstandsmitglied des BÜRGERDIENST e.V., Erwin Borsch, die WfbM in Gerolstein.
Die Westeifel Werke haben zwei Projekte zur Bewerbung eingereicht: Die Lernplattform mit einer einheitlichen und für alle Menschen frei zugänglichen Software und einen Montageassistenten, der die erforderlichen Tätigkeiten vorgeben und Arbeitsschritte bei der Montage projizieren kann. Diese beiden digitalen Lösungen bedeuten für die Beschäftigten der Westeifel Werke eine enorme Lern- und Arbeitserleichterung. Seit über 40 Jahren gibt es die Westeifel Werke, deren Trägerschaft die Lebenshilfen Bitburg, Daun und Prüm innehaben. Kernaufgabe des gemeinnützigen Unternehmensverbunds mit insgesamt vier Tochterfirmen ist es, Menschen mit Handicap die Teilhabe am Arbeits- und Gemeinschaftsleben zu ermöglichen. Die Westeifel Werke selbst bietet unterschiedliche Arbeitsbereiche an: Verschiedene Lohnfertigungsbereiche für regionale Partner aus Industrie und Gewerbe zwei Eigenproduktionslinien.
Viele mobile Endgeräte – eine allübergreifende Plattform
Um überhaupt zu entscheiden, welcher Arbeitsbereich für neue Werkstattbeschäftigte infrage kommt, durchlaufen zunächst alle, nach dem dreimonatigen Eingangsverfahren, den Berufsbildungsbereich (BBB). Hier beginnt, was auch später im Arbeitsbereich nicht aufhört: Das Lernen. Im BBB finden die Beschäftigten heraus, welche Tätigkeiten ihnen Spaß machen, zu ihnen passen und für sie mühelos zu bewältigen sind. Berufsbildung heißt hierbei auch, die Persönlichkeit zu entwickeln. Zur Bildung gehören heutzutage auch die neuen Medien. „In den Berufsbildungsbereichen an allen drei Standorten haben wir nun Tablets eingeführt, an allen Standorten gibt es digitale Whiteboards und darüber hinaus darf man die Smartphones und Computer nicht vergessen“, so Jürgen Morbach, Prokurist der Westeifel Werke. Damit nun zuvor erstellte Inhalte, wie z. B. Lernvideos, für alle Beschäftigten gleichermaßen über dieselbe Plattform zugänglich sind, brauchen die Westeifel Werke eine Softwarelösung. „Um das Lernen für Alle zu ermöglichen, haben wir im BBB bereits eine Lernplattform im Einsatz, um digitale Lerninhalte für unsere zu betreuenden Mitarbeiter geräte- und plattformübergreifend von überall aus erreichbar zu machen“, so Mathias Wenkens, Mitarbeiter der IT-Abteilung.
Darüber hinaus hat die neue Software schon in Testphasen gezeigt, was dank ihrer Implementierung alles möglich ist. Abteilungsleiterin für berufliche Bildung der Westeifel Werke Nicole Lamberty ist von den Lerneffekten der Plattform überzeugt: „Wir haben sie bisher in den BBB an allen Standorten im Einsatz. Unser Ziel ist jedoch, dass alle zu betreuenden Mitarbeiter auf die Inhalte zugreifen können“, erklärt sie und führt weiter aus: „Wir haben einmal einen Test gemacht, in dem zu betreuende Beschäftigte mit mobilen Endgeräten Fotos von potenziellen Gefahrenstellen im Betrieb erstellt haben. So beispielsweise eine umgeklappte Teppichecke, die zur Stolperfalle werden kann. Anschließend haben die Mitarbeiter diese den anderen Beschäftigten auf den großen Whiteboards präsentiert. Der Effekt war, dass sich durch das selbstständige Erarbeiten der Inhalte diese gelernten Prozesse einprägen und die Beschäftigten auch zukünftig dafür sensibilisiert sind.“ Damit ist das Ziel erreicht, denn das Lernen hört auch über den BBB hinaus nicht auf. Die Anforderungen an die Mitarbeiter mit Behinderung werden stetig angepasst, Arbeitsprozesse vielschichtiger und differenzierter.
Virtueller Montageassistent für komplizierte Vorgänge
Dies wird vor allem im Maschinen- und Vorrichtungsbau deutlich. Um auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter mit Handicap eingehen zu können, verfügen die Westeifel Werke über einen eigenen Bereich zur Entwicklung und Anpassung von Maschinen und Vorrichtungen: den sog. Maschinen- und Vorrichtungsbau. Hier arbeiten speziell ausgebildete Meister und Techniker der Metallindustrie, die zudem junge Menschen zum Industriemechaniker Maschinen- und Anlagenbau ausbilden. So sind die meisten Maschinen und Vorrichtungen im Produktionsbereich selbst konstruiert und gefertigt und haben immer den Schutz und die Machbarkeit für Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten im Sinn.
„Unsere Maschinen und Vorrichtungen unterscheiden sich von den gängigen in der Industrie des allgemeinen Arbeitsmarkts“, so Niesen. Er erklärt: „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Menschen mit Handicap eine adäquate Arbeit zu ermöglichen, das ist unsere Aufgabe und unser Sachziel.“ Ohne den Maschinen- und Vorrichtungsbau, der in Gerolstein angesiedelt und für alle Standorte und Unternehmen im Gesamtunternehmensverbund zuständig ist, wäre die „adäquate Teilhabe“ eben nicht in der umfassenden Art möglich. Im Zuge der Digitalisierung sind für moderne Produktionsanforderungen digitale Lösungen zur Arbeitserleichterung erhältlich.
So hat sich die rheinland-pfälzische WfbM für die Installation eines Montageassistenten entschieden. Gerd Thömmes, Leiter des Maschinen- und Vorrichtungsbaus erklärt: „Den Assistenten kann man sich wie einen Projektor mit viel mehr Funktionen vorstellen. Er zeigt genau an, welche Tätigkeiten wie auszuführen sind. Dafür projiziert er die genaue Abbildung des zu montierenden Teils auf den Tisch direkt vor den Mitarbeiter. Weiter ist er in der Lage zu erkennen, wenn die Montage z. B. nicht korrekt durchgeführt wird. Dabei hat er stets die Hände des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin im Blick, sieht folglich nur das, was tatsächlich auf der Werkbank geschieht. Er lässt sich programmieren und folgt dann dem gesamten Werkprozess.“
Erfolgreiche Kooperation
Doris G. Lepper ist bei ihrem Besuch sehr interessiert an den Tätigkeiten der Westeifel Werke. In der „Technisat-Gruppe“, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Westeifel Werke seit über 20 Jahren z. B. Receiver und weitere Elektronikteile für den führenden Hersteller in der Unterhaltungselektronik montieren, macht sie sich ein Bild von den Arbeiten, die durch die neuen, digitalen Lösungen unterstützt werden sollen. „Ich freue mich, wenn die finanziellen Mittel da ankommen, wo sie gebraucht werden“, so die Vorstandsvorsitzende des BÜRGERDIENST e.V. Sie betont: „Uns ist es wichtig, etwas für die Region zu leisten. Die Eifel ist sehr attraktiv, das wollen wir auch nach außen zeigen.“ Und auch der Geschäftsführer der Westeifel Werke ist überzeugt: „Dank des BÜRGERDIENST e.V. ist es uns möglich, unseren Beschäftigten mit Behinderung die neueste Technologie an die Seite zu stellen. So können sie selbstständiger lernen und arbeiten. Dies liegt uns bei unserer Tätigkeit besonders am Herzen, gemäß unserem Leitspruch ‚So viel Hilfe wie nötig und so wenig Hilfe wie möglich.“